Elephants in Rooms – Monitor 3

Zhao Chuan (Fengxian, Shanghai – O-Ton: Mandarin)

Es gibt grundsätzlich eigentlich nichts, worüber wir beim Teetrinken nicht reden. Es kommt ganz darauf an, mit wem wir Tee trinken.

 

Es gibt grundsätzlich eigentlich nichts, worüber wir beim Teetrinken nicht reden können. Aber mit manchen reden wir auch gar nicht.

 

Jetzt ist es wirklich Zeit für einen Tee. Jetzt ist es aber höchste Zeit.

Trinken wir einen Tee!

 

Ich trinke Tee.

 

Sharon Smith (Holbeton, Devon – O-Ton: Englisch)

Dies ist nicht mein Fenster. Es gehört mir nicht. Genauso wenig wie das Haus oder das Land, auf dem das Haus steht. In dem Garten dort unten darf ich zwar spielen, aber auch der gehört mir nicht. Das gesamte Land, das ich von hier aus sehen kann und auch das Land darüber hinaus, ist im Besitz einer Familie, seit Hunderten von Jahren – tatsächlich etwa seit dem 17. Jahrhundert, als die Mayflower, ein sehr berühmtes Schiff, von dort drüben hinter den Bäumen über den Atlantik nach Amerika aufbrach. Dieser Tag, an dem sie ins Abenteuer aufgebrochen sind, wird hier gefeiert. Denn diese unbekannten, noblen und tatkräftigen Leute, die davon, wie es war, die Nase voll hatten, sagten radikal entschlossen: „Schluss jetzt! Es reicht! Wir gehen fort!” Und dann sind sie los: Reisende, Forschende, Erobernde, Helden und Heldinnen… Sie landeten an einem Ort, den sie meinten, entdeckt zu haben. So war es aber nicht und schließlich mussten sie die Menschen, die dort lebten, vertreiben. Die Einheimischen haben ihnen ihre Hilfe angeboten, doch anstatt sich erkenntlich zu zeigen, haben die Eindringlinge den Männern die Kopfhaut abgezogen und die Frauen und Kinder verkauft. Und so nahmen die Dinge ihren Lauf. Dieses Land hat reichlich vom Sklavenhandel profitiert. Devon, so heißt diese Gegend hier, war tatsächlich eine gängige Bezeichnung für Sklaven.

 

Ich sehe, dass man Dinge bewahrt.

Ich sehe, wie man sich bemüht, alles beizubehalten.

Ich sehe Zugehörigkeit.

Und Privatsphäre.

Und ich sehe einen herannahenden Sturm.

 

Oh, hinter dir auf dem Pferd zu sitzen.

Oh, hinter dir auf dem Pferd zu sitzen.

Was würde ich nicht dafür geben, hinter dir auf dem Pferd zu sitzen!

 

Sarah Thom (Sheffield, South Yorkshire – O-Ton: Englisch)

Ich schaue aus dem Fenster und warte auf Menschen.

 

Von meinem Fenster aus kann ich sehr viel vom Himmel sehen.

Ich habe großes Glück: Ich sehe viel vom Himmel und vom Wetter, den Jahreszeiten, die vorüberziehen.

Von meinem Fenster aus kann ich dem zusehen.

Ich sehe, wie die Vögel im Frühling zurückkehren und Nester in den Bäumen bauen.

Und dann, Anfang Herbst, sehe ich sie wieder davonziehen.

Ich schaue aus dem Fenster voller Erwartung.

 

Es ist eine Menge Scheiße passiert, und einige von uns haben stark davon profitiert. Wir können nicht mehr so tun, als wüssten wir von nichts. Wir wissen Bescheid, und wir wissen, dass sich etwas ändern muss. Ich denke, wir wissen sogar, was sich ändern muss. Verändert sich was?

 

Sie singt „Pennyroyal-Tee“ von Nirvana: Ich bin mit allen durch. Ich habe eine ziemlich schlechte Haltung. Setz dich und trink Pennyroyal-Tee! Destilliere das Leben in mir. Setz dich und trink Pennyroyal-Tee! Ich bin ein blutarmer König. Ich kann weder essen noch schlafen. Ich bin ein Lügner und ein Betrüger. Setz dich und trink Pennyroyal-Tee! Ich bin ein blutarmer König.

 

Johanna Freiburg (Berlin – O-Ton: Deutsch)

Ich vertreibe mir die Zeit mit einem Stück Natur.

 

Wir sprechen nicht, wenn wir Tee trinken.

Wir trinken Tee, statt zu sprechen.

Wir sprechen nicht, weil wir uns darin üben wollen, zuzuhören.

Wir sprechen nicht, weil wir uns zu erinnern versuchen, zu wie viel Prozent unsere DNA übereinstimmt mit der von Pflanzen und Pilzen und Bäumen.

 

Von da aus, wo ich stehe, sehe ich den Geldautomaten vor meiner Haustür. Mein Vermieter bekommt jeden Monat Geld dafür, dass er den Platz dafür bereitstellt. Dabei sind wir es, die das Piep-Geräusch ertragen und das helle Licht nachts. Vor Kurzem wurde ein Anschlag auf den Automaten verübt, beim Fach, aus dem das Geld kommt, war das Plastik zusammengeschmolzen und der Automat für Wochen nicht mehr zu gebrauchen. Kurz darauf gab es einen weiteren Fall von Brandstiftung, hier in der Nähe von meinem Haus – da wurde ein parkendes Auto in Brand gesteckt. Ich bin nachts wachgeworden, wohl vom Lärm der Feuerwehr. Und der Geruch von verkohltem Gummi und geschmolzenen Kabeln zog durch die offenen Fenster in meine Wohnung – bis in das Schlafzimmer von meinem Sohn, der friedlich weiterschlief. Vermutlich teile ich mit denen, die brandstiften viele Überzeugungen. Aber als ich die Fenster verschloss und durch die Scheiben in die Dunkelheit schaute – aus einem Fenster, durch das ich meine Aussicht genieße, aus einer Wohnung, deren Miete ich in der Lage bin zu zahlen – da hat es hat sich angefühlt, als würden die Anschläge mir gelten.

 

Sarah Thom (Sheffield, South Yorkshire – O-Ton: Englisch)

Dieses Fenster zeigt nach Westen. Das bietet mir die Möglichkeit, viele, viele Sonnenuntergänge anzuschauen. Und wenn die Sonne tatsächlich untergegangen ist und es dunkel wird, widme ich meine Aufmerksamkeit der 24-Stunden-Tankstelle dort drüben. Sie hat jeden Tag rund um die Uhr geöffnet. 24 Stunden am Tag. Sieben Tage die Woche. Die Leute fahren vor, tanken ihre Autos und fahren wieder weg. Und wenn ich mitten in der Nacht wach werde, weil mein Schlaf gestört wurde oder unruhig ist, kann ich hierherkommen, mich hinsetzen und die Autos beobachten, wie sie kommen und wegfahren. Und darüber nachdenken, wo sie wohl hinwollen, mitten in der Nacht.

 

Von meinem Fenster aus sehe ich kleine Reihenhäuser, und bei einigen kommt noch Rauch aus dem Schornstein.

Ich sehe einen Baum, völlig überwuchert von Efeu. Ich frage mich, wie lange der Baum unter all dem Efeu überleben wird.

 

Ja, wer sitzt denn da auf dem Pferd?

Was für eine schöne Kreatur.

Das Pferd, natürlich.

Wer ist das auf dieser schönen Kreatur? Das Pferd, natürlich.

 

Anuja Ghosalkar (Bangalore – O-Ton: Englisch)

Ich weiß nicht, wer nebenan wohnt, aber diese Leute können in mein Leben spähen.

Ich weiß nicht, wie sie aussehen – vielleicht anders als ich.

Manchmal höre ich die Kinder jammern und die Frauen kreischen, aber die Männer höre ich nie. Ich frage mich, wieso.

Ihre Lichter leuchten bläulich, mein Haus ist in ein sattes, warmes Licht gehüllt.

Manchmal ist mir das peinlich.

 

Taucht das schummrig beleuchtete Teehaus in deinen Träumen auf? Erinnert dich der Duft von zu lang gezogenem Tee an meine Haut? Findest du den Weg zurück zum Teehaus, vor dem wir einmal standen, wenn du diesen Tee trinkst? Gefällt dir der Rhythmus unserer Körper, die sich in der Dunkelheit bewegen? Schwarzer Tee, weiße Milch, Zucker, der langsam von deinen Lippen über meine Oberschenkel tropft.

 

Ich werde jetzt eine Minute lang schweigen.

 

Das unausgesprochene Problem im Raum bin manchmal ich. Manchmal bin ich der Elefant im Raum. Meine Art zu gehen, meine Hüften sprengen den Rahmen. Der Elefant im Raum bin ich. Ich rede zu hastig, meine Gedanken sind zu unruhig, meine Zunge zu scharf. Ich bin viel zu viel. Der Elefant im Raum bin ich; mein meckerndes Lachen. Wieso kann ich nicht still meinen Tee trinken, wie auf einem europäischen Gemälde? Der Elefant im Raum bin ich. Viel zu viel. Ich bin keine sanfte Schönheit und nicht gerade ansprechend für das ungeübte Auge. Der Elefant im Raum bin ich. Laut, groß, gewagt, ich selbst. Es fällt mir nicht leicht, mich klein zu machen. Der Elefant im Raum bin ich.